Verdrängen ist ein negatives Wort, oder? Netter ausgedrückt wäre „beiseite schieben“, obwohl: schieben ist auch nicht positiv, es klingt nur ein wenig neutraler.
Verdrängen kommt mir immer negativ vor. Es kann aber auch subjektiv positiv empfunden werden, wenn zum Beispiel der Bau einer großen Straße die Natur verdrängt – das fände der ein oder andere Autofahrer sicher gut, die Anwohner eher nicht und die unmittelbar betroffene Natur aber bestimmt nicht.
Es gibt beim Verdrängen somit meist einen, also eine Seite die es gut findet und einen, der es als weniger gut oder sogar schlecht empfindet.
Ist das nicht mit allen Dingen so? Vielleicht. Aber „Verdrängen“ zieht eine ganz klare Linie zwischen zwei Seiten. Und ich entscheide mich in dem Moment für eine bzw. habe mich entschieden.
Mir fällt es persönlich sehr schwer, zu verdrängen. Ich kann Dinge, die mich belasten, nur schwer zurückhalten. In dem Moment, in dem ich solche belastenden Dinge ausspreche, sind sie dann meist schon gar nicht mehr so schlimm. Das gilt zumindest für zwischenmenschliche Konflikte, in Beziehungen, wenn mich etwas stört oder beunruhigt. Wenn es um Missverständnisse geht oder ähnliches.
Ganz anders ist es aber mit „großen“, weltbewegenden Problemen. Diese werden nicht kleiner, wenn ich sie aus- bzw. anspreche. Im Gegenteil, sie werden durch die Reaktionen in meinem Umfeld manchmal noch größer, noch realer. Die Reaktionen können ganz unterschiedlich sein: Manchmal passiert gar nichts, und niemand im Raum geht darauf ein, das macht mich traurig und es ist ziemlich beklemmend. Manchmal reagieren die Menschen schockiert, das ist oft wenn sie zum ersten Mal davon hören. Manchmal sind sie bestürzt und lassen sich darauf ein oder auf ein Gespräch ein. Und dann passiert es häufig, dass sie sich unterschwellig angegriffen fühlen. Vielleicht weil sie es wissen und nichts tun. Oder eben weil sie es nicht wissen und ihnen ihre Unwissenheit unangenehm ist.
Dann scheinen diese globalen Probleme zu einem unbezwingbaren Gipfel zu werden, sie hängen im Raum wie dicker Qualm, sie sind immer da. Und dann kommt oft noch das Gefühl dazu, jetzt die Stimmung verdorben zu haben.
Aber eigentlich kann man die Stimmung doch nur verderben, wenn man Themen anpiekst, die der andere verdrängt und die ihm dann auf die Art unangenehm bewusst werden. Dabei sollten wir allen Problemen dieser Welt, ob groß oder klein, mit einem Lächeln begegnen und tun, was wir tun können. Es nutzt ja wirklich niemandem wenn ich traurig gucke. Im Gegenteil, das raubt nur Kraft. Und irgendetwas, ein klein wenig, kann jeder immer tun.
Für mich ist es ganz unbegreiflich: Wie kann jemand imstande sein, weiter Schokolade oder Jeanshosen zu kaufen, für die eine Frau, ein Mann oder ein Kind in der Produktion mit krankmachenden Chemikalien arbeiten muss und so sehr ausgenutzt wird, dass sie oder er noch nicht mal zur Schule gehen und lesen und schreiben lernen kann? Produkte, deren verantwortungslose Herstellung das ganze und einzige Leben eines anderen kaputtmachen? Wie machen die Leute das, solche Themen nahezu komplett ausblenden?
Warum entscheiden sich so viele fürs Verdrängen und gehen nicht diesen ganz einfachen Weg: Und zwar für sich selbst ein Bewusstsein für existierende Probleme entwickeln, und entsprechend bewusst zu handeln? Bewusstes Handeln macht mehr Spaß, in allen Lebensbereichen – und wenn ich mir selbst wünsche, dass andere an mich denken, dann ist es doch mehr als schön und richtig, wenn ich dasselbe auch für andere Erden-Mitmenschen tue.
Jeder kann einen kleinen Krümel zum Kuchen beitragen und so die Welt ein bisschen besser machen. Der eine kann mehr, der andere kann weniger, aber jeder kann etwas tun.
Diejenigen denen wir Rechenschaft schuldig sind, sind die Menschen die ihr Leben für Dich und für mich ruinieren, damit wir Schokolade essen und billige Klamotten tragen können.
Jetzt muss doch der Punkt kommen, an dem jeder einzelne sein Handeln überdenkt, oder?
Wer also aufhört, zu verdrängen, geht einen Schritt in Richtung der anderen Seite. Ja, Leute! Macht Schritte in alle Richtungen. Denn die Menschen sind es wert und es macht Spaß.